Jörg Widmann

Jörg Widmann

Jörg Widmann (* 19. Juni 1973 in München) ist ein deutscher Klarinettist und Komponist. Er lebt in München und Berlin.

Leben und Wirken

Jörg Widmann wurde als Sohn eines Physikers und einer Lehrerin in München geboren. Seine Schwester ist die Violinistin Carolin Widmann (* 1976).[1] 1980 erhielt Widmann ersten Klarinettenunterricht. Ein Jahr darauf wurde er Kompositionsschüler von Kay Westermann (* 1958), später von Hans Werner Henze, Wilfried Hiller, Heiner Goebbels und Wolfgang Rihm. Sein Klarinettenstudium absolvierte er an der Hochschule für Musik in München und an der Juilliard School of Music in New York. Nach dem Meisterklassendiplom 1997 in München folgten weitere Studien an der Musikhochschule Karlsruhe.

Als Solist ist Widmann zu Gast bei bedeutenden Orchestern im In- und Ausland und konzertierte mit Dirigenten wie Christoph von Dohnányi, Sylvain Cambreling und Kent Nagano. Mehrere Klarinettenkonzerte sind ihm gewidmet und durch ihn uraufgeführt worden: 1999 spielte er im Rahmen der „musica viva“ die Musik für Klarinette und Orchester von Wolfgang Rihm und 2006 mit dem WDR Sinfonieorchester Cantus von Aribert Reimann.

Zwischen 2001 und 2016 unterrichtete er in Nachfolge von Dieter Klöcker als Professor für Klarinette an der Musikhochschule Freiburg, wo er seit 2009 auch eine Doppelprofessur für Klarinette und Komposition am Institut für Neue Musik innehatte. Seit 2017 bekleidet er eine Kompositionsprofessur an der Barenboim-Said-Akademie Berlin.

2017/18 war er Composer in Residence des Gewandhausorchesters Leipzig, seit 2019 ist Jörg Widmann als Komponist, Dirigent und Klarinettist für drei Spielzeiten Artist in Residence beim WDR Sinfonieorchester.[2] Außerdem hatte er in der Saison 2019/20 den „Richard and Barbara Debs Composer’s Chair“ der Carnegie Hall inne.[3]

Widmann ist ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz.[4]

Kompositorisches Werk

In seinem kompositorischen Schaffen widmet sich Jörg Widmann unterschiedlichen Genres. So konzipierte er beispielsweise für großes Orchester eine Trilogie über die Projektion vokaler Formen auf instrumentale Besetzungen. Sie besteht aus den Werken Lied (uraufgeführt 2003 und auf CD eingespielt von den Bamberger Symphonikern mit Jonathan Nott), Chor (uraufgeführt 2004 vom Deutschen Symphonie-Orchester mit Kent Nagano) und Messe, das im Juni 2005 von den Münchner Philharmonikern unter der Leitung von Christian Thielemann zur Uraufführung gebracht wurde. 2007 haben Pierre Boulez und die Wiener Philharmoniker sein Orchesterwerk Armonica uraufgeführt.

Zentral im kammermusikalischen Schaffen stehen seine Streichquartette: I. Streichquartett (1997), gefolgt von Choralquartett und Jagdquartett, das 2003 durch das Arditti Quartett uraufgeführt wurde. 2005 komplettierten die Uraufführungen des IV. Streichquartetts und von Versuch über die Fuge (V. Streichquartett mit Sopran) durch Juliane Banse und das Artemis Quartett die Werkreihe, die als ein großer Quartettzyklus gedacht ist. In den Jahren 2019 bis 2022 komponierte Widmann einen weiteren fünfteiligen Streichquartett-Zyklus, bestehend aus sogenannten „Beethoven-Studien“: Studie über Beethoven (6. Streichquartett), Streichquartette Nr. 7–9 ohne abweichenden Werktitel und Cavatina (10. Streichquartett).[5]

Nach der Uraufführung 2012 an der Bayerischen Staatsoper wurde im Jahr 2019 eine neue Berliner Fassung[6] seiner Oper Babylon an der Berliner Staatsoper Unter den Linden unter der Regie von Andreas Kriegenburg und der musikalischen Leitung von Christopher Ward zur Aufführung gebracht.[7] Eine weitere Inszenierung hatte im Mai 2022 am Hessischen Staatstheater Wiesbaden Premiere.[8]

Widmanns Werke werden exklusiv beim Verlag Schott Music verlegt.

Preise

Werke (Auswahl)

Opern und Oratorium

Orchesterwerke

  • Implosion für Orchester (2001)
  • Lichtstudie I für Orchester (2001)
  • Freie Stücke für Ensemble (2002)
  • Lied für Orchester (2003)
  • Chor für Orchester (2004)
  • Messe für großes Orchester (2005)
  • Labyrinth für 48 Saiteninstrumente (2005)
  • Con brio für Orchester (2008)
  • Antiphon für Orchestergruppen (2008)
  • Partita Fünf Reminiszenzen für großes Orchester (2017–2018)

Werke für Soloinstrumente/Gesang und Orchester

  • Kreisleriana Konzertstück für Violine und Kammerorchester (1993)
  • ad absurdum für Trompete und Orchester (2002)
  • Lichtstudie (I–VI) für Violine, Viola, Akkordeon, Klarinette, Klavier und Orchester (2004)
  • Elegie für Klarinette und Orchester (2006)
  • Echo-Fragmente für Klarinette und Orchestergruppen (2006)
  • Armonica für Glasharmonika und Orchester (2007)
  • 2 Violinkonzerte (2007 und 2018)
  • Oboenkonzert (2009)
  • Trauermarsch, für Klavier und Orchester (2014)
  • Viola Concerto (2015)
  • Das heiße Herz Liederzyklus für Bariton und Orchester (2018)
  • Towards Paradise (Labyrinth VI) für Trompete und Orchester (2021)

Kammermusik

  • Streichquartette
  • Fünf Bruchstücke für Klarinette und Klavier (1997)
  • Nachtstück für Klavier, Klarinette und Violoncello (1998)
  • Fieberphantasie für Klavier, Streichquartett und Klarinette (mit Bassklarinette) (1999)
  • Skelett für Schlagzeug (2004)
  • Air für Horn solo (2005)
  • Kinderreime und Nonsensverse für 5 Männerstimmen und kleines Orchester (2017)
  • 7 Capricci für Saxophonquartett (2021)

Diskografie

Literatur

  • Markus Fein: Im Sog der Klänge. Gespräche mit dem Komponisten Jörg Widmann. Edition Neue Zeitschrift für Musik, Mainz 2005, ISBN 978-3-7957-0535-0
  • Georgine Maria-Magdalena Balk: Zwischen Tradition und Innovation: „Das Gesicht im Spiegel“ von Jörg Widmann und Roland Schimmelpfennig. Grin Verlag, München 2007, ISBN 978-3-638-72776-1
  • Siglind Bruhn: Die Musik von Jörg Widmann. Edition Gorz, Waldkirch 2013, ISBN 978-3-938095-16-4
  • Hans-Klaus Jungheinrich (Hrsg.): Spuren. Der Komponist Jörg Widmann. Edition Neue Zeitschrift für Musik, Mainz 2013, ISBN 978-3-7957-0847-4

Filmdokumentation

  • 2022: Im Labyrinth – Der Musiker Jörg Widmann. Regie: Holger Preuße (BR/ARTE)[15]

Weblinks

  • Werke von Jörg Widmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Website von Jörg Widmann
  • Interview mit Jörg Widmann
  • Jörg Widmann bei der Barenboim-Said-Akademie
  • Jörg Widmann im Interview mit dem Klassikportal Classicpoint.ch
  • Jörg Widmann bei Schott Music
  • Jörg Widmann im Lied-Portal

Einzelnachweise

  1. Jörg Widmann im Munzinger-Archiv, abgerufen am 23. November 2022 (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. Artist in Residence Widmann 1
  3. Richard and Barbara Debs Composer's Chair Jörg Widmann. Archiviert vom Original am 4. Oktober 2019; abgerufen am 16. November 2019 (englisch). 
  4. Mitgliedseintrag von Jörg Widmann bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, abgerufen am 6.11.17
  5. Jörg Widmann: Cavatina. Schott Music GmbH & Co. KG, abgerufen am 5. Juni 2022. 
  6. Staatsoper Unter den Linden: INSIGHTS BY Jörg Widmann. 5. März 2019, abgerufen am 19. März 2019. 
  7. Babylon. Staatsoper Berlin, abgerufen am 19. März 2019. 
  8. Babylon. Hessisches Staatstheater Wiesbaden, abgerufen am 7. Mai 2022. 
  9. Jörg Widmann erhält den Robert Schumann-Preis für Dichtung und Musik 2018 : Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz. Abgerufen am 30. Oktober 2018. 
  10. a b 2019 Komponist/in des Jahres. In: Opus Klassik. Abgerufen am 16. November 2019. 
  11. https://ru.muenchen.de/2021/49/Musikpreis-der-Landeshauptstadt-Muenchen-2021-an-Joerg-Widmann-94929
  12. Pressemitteilung der Behörde für Kultur und Medien Hamburgs vom 27. April 2023
  13. Rezension Kent Nagano – Widmann: „Arche“ aus der Elbphilharmonie. In: concerti.de. 7. November 2018, abgerufen am 16. November 2019 (englisch). 
  14. ECM Records. Abgerufen am 16. November 2019 (englisch). 
  15. sounding images: In the Maze – The Musician Jörg Widmann. 8. November 2022, abgerufen am 28. Dezember 2022 (englisch). 

Wilhelm Killmayer (1990) | Ensemble „Assoziation für moderne Musik“ (1991) | Wolfgang von Schweinitz (1992) | Jan Müller-Wieland (1993) | Babette Koblenz (1994) | Caspar Johannes Walter (1995) | Wolfram Schurig (1996) | Helmut Oehring (1997) | String Thing (1998) | Olga Neuwirth (1999) | Matthias Pintscher (2000) | Thomas Adès (2001) | Jörg Widmann (2002) | Rebecca Saunders (2003) | Jörn Arnecke (2004) | Lera Auerbach (2005) | Michel van der Aa (2006) | Dai Fujikura (2007) | Márton Illés (2008) | Johannes Maria Staud (2009) | Sascha Lino Lemke (2010) | Markus Lehmann-Horn (2011) | Li Bo (2012) | Maximilian Schnaus (2013) | Bernd Richard Deutsch (2014) | David Philip Hefti (2015) | Anna Clyne (2016) | Samy Moussa (2017) | Clara Iannotta (2018) | Aigerim Seilova (2019) | Stefan Johannes Hanke (2020) | Mithatcan Öcal (2021) | Hannah Kendall (2022) | Alex Paxton (2023) | Lisa Streich (2024)

Detlev Müller-Siemens und Wolfgang von Schweinitz (1986) | Ensemble Modern (1987) | Hans-Jürgen von Bose (1988) | Herbert Henck und Walter Zimmermann (1989) | Adriana Hölszky (1990) | Gruppe Neue Musik Hanns Eisler (1991) | Ulrich Stranz (1992) | Steffen Schleiermacher und Ensemble Avantgarde (1993) | Jörg Birkenkötter und Hanspeter Kyburz (1994) | ensemble recherche (1995) | Isabel Mundry und Moritz Eggert (1996) | Nomos-Quartett (1997) | Helmut Oehring (1998) | Ensemble 13 (1999) | Michael Riessler und Mike Svoboda (2000) | Babette Koblenz (2001) | Jörg Widmann (2002) | Salome Kammer und Thomas E. Bauer (2003) | Neue Vocalsolisten Stuttgart (2004) | Enno Poppe (2005) | Peter Schöne (2006) | Márton Illés (2008) | Anna Prohaska (2010) | Birke J. Bertelsmeier (2012) | Carolin Widmann (2014) | Gordon Kampe (2016) | Dominik Susteck (2018) | Benjamin Scheuer (2020)

George Benjamin (2001) | Jörg Widmann (2004) | Chin Un-suk (2005) | Aribert Reimann (2006) | Helmut Oehring (2008)

Siemens Musikpreis – Förderpreisträger

Michael Jarrell, George Lopez (1990) | Herbert Willi, Ensemble Avantgarde (1991) | Beat Furrer, Benedict Mason (1992) | Silvia Fómina, Param Vir (1993) | Hans-Jürgen von Bose, Marc-André Dalbavie, Luca Francesconi (1994) | Gerd Kühr, Philippe Hurel (1995) | Volker Nickel, Rebecca Saunders (1996) | Moritz Eggert, Mauricio Sotelo (1997) | Antoine Bonnet, Claus-Steffen Mahnkopf (1998) | Thomas Adès, Olga Neuwirth (1999) | Hanspeter Kyburz, Augusta Read Thomas, Andrea Lorenzo Scartazzini (2000) | Isabel Mundry, André Werner, José María Sánchez-Verdú (2001) | Marc André, Jan Müller-Wieland, Charlotte Seither (2002) | Chaya Czernowin, Christian Jost, Jörg Widmann (2003) | Fabien Lévy, Johannes Maria Staud, Enno Poppe (2004) | Sebastian Claren, Philipp Maintz, Michel van der Aa (2005) | Jens Joneleit, Alexander Muno, Athanasia Tzanou (2006) | Vykintas Baltakas, Markus Hechtle (2007) | Dieter Ammann, Márton Illés, Wolfram Schurig (2008) | Francesco Filidei, Miroslav Srnka, Lin Yang (2009) | Pierluigi Billone, Arnulf Herrmann, Oliver Schneller (2010) | Steven Daverson, Hèctor Parra, Hans Thomalla (2011) | Luke Bedford, Zeynep Gedizlioğlu, Ulrich Alexander Kreppein (2012) | David Philip Hefti, Samy Moussa, Marko Nikodijević (2013) | Simone Movio, Brigitta Muntendorf, Luis Codera Puzo (2014) | Birke Bertelsmeier, Mark Barden, Christian Mason (2015) | Milica Djordjević, David Hudry, Gordon Kampe (2016) | Michael Pelzel, Simon Steen-Andersen, Lisa Streich (2017) | Clara Iannotta, Timothy McCormack, Oriol Saladrigues (2018) | Annesley Black, Ann Cleare, Mithatcan Öcal (2019) | Catherine Lamb, Francesca Verunelli, Samir Amarouch (2020) | Mirela Ivičević, Yair Klartag, Malte Giesen (2021) | Benjamin Attahir, Naomi Pinnock, Mikel Urquiza (2022)

Hans Peter Haller (1989) | Pierre Boulez (1990) | Steffen Schleiermacher (1991) | György Ligeti (1992) | André Richard (1994) | Robyn Schulkowsky (1995) | Wolfgang Rihm (1996) | Mario Davidovsky (1997) | Hans-Jürgen von Bose (1998) | Gottfried Michael Koenig (1999) | Péter Eötvös (2000) | Kaija Saariaho (2001) | Christoph Poppen (2002) | Aleksandra Gryka und Mateusz Bien (2004) | Márton Illés (2005) | Mark Andre (2006) | Jörg Widmann (2007) | Minas Borboudakis und Konstantia Gourzi (2008) | Enno Poppe (2009) | Wilhelm Killmayer (2010) | Adriana Hölszky (2011) | Josef Anton Riedl, Nico Sauer und Luis Codera Puzo (2013) | Isabel Mundry (2014) | Erkki-Sven Tüür (2015) | Georges Aperghis (2016) | Anna Korsun (2017) | Mikis Theodorakis (2018) | Olga Neuwirth (2019) | Peter Michael Hamel (2020) | Elena Mendoza (2022)

Preisträger des Stoeger Prizes

Gunther Schuller (1987) | Oliver Knussen (1990) | Lee Hyla und Olly Wilson (1992) | Aaron Jay Kernis und Nicholas Maw (1993) | Oleg Felzer und Richard Wilson (1994) | David Liptak und Steven Mackey (1995) | Martin Bresnick und Osvaldo Golijov (1996) | Stephen Hartke und Judith Weir (1997) | Thomas Adès und Yehudi Wyner (1998) | James Primosch und Scott Wheeler (1999) | Michael Daugherty und Kaija Saariaho (2000) | Chen Yi (2002) | David Rakowski (2004) | Pierre Jalbert (2006) | Jörg Widmann (2008) | Brett Dean (2010) | Zhou Long (2012) | Thomas Larcher (2014) | Huw Watkins (2016) | Marc-André Dalbavie (2018) | David Serkin Ludwig (2020)

Normdaten (Person): GND: 128630736 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n99004689 | VIAF: 119058998 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Widmann, Jörg
KURZBESCHREIBUNG deutscher Klarinettist und Komponist
GEBURTSDATUM 19. Juni 1973
GEBURTSORT München