Unberührbare Zahl

Von jeder positiven ganzen Zahl weist ein Pfeil auf die Summe ihrer echten Teiler (9 hat zum Beispiel nur die echten Teiler 1 und 3; 1+3=4, also zeigt ein Pfeil von 9 auf 4). Auf 2 und 5 gibt es keinen Pfeil, sie sind unberührbar.

In der Zahlentheorie ist eine unberührbare Zahl (vom englischen untouchable number) eine positive ganze Zahl n N {\displaystyle n\in \mathbb {N} } , die nicht als Summe aller echten Teiler σ ( k ) {\displaystyle \sigma ^{*}(k)} irgendeiner positiven ganzen Zahl k N {\displaystyle k\in \mathbb {N} } dargestellt werden kann (inklusive der unberührbaren Zahl selbst). Diese Zahlen kommen somit in keinen Inhaltsketten vor. Sie wurden erstmals von ʿAbd al-Qāhir al-Baghdādī (etwa im Jahr 1000) untersucht, der bemerkt hat, dass die beiden Zahlen 2 und 5 unberührbar sind.[1]

Beispiele

  • Die Zahl n = 5 {\displaystyle n=5} ist eine unberührbare Zahl.
Beweis:
Man muss zeigen, dass n = 5 {\displaystyle n=5} nicht als Summe der echten Teiler irgendeiner Zahl k N {\displaystyle k\in \mathbb {N} } dargestellt werden kann.
In einer echten Teilersumme σ ( k ) {\displaystyle \sigma ^{*}(k)} kommt kein Teiler mehrmals vor. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, die Zahl 5 additiv mit verschiedenen Zahlen darzustellen: 5 = 1 + 4 = 2 + 3 {\displaystyle 5=1+4=2+3} . Die zweite Darstellung 5 = 2 + 3 {\displaystyle 5=2+3} ist keine Teilersumme, weil die Zahl 1 fehlt, die immer in jeder Teilersumme enthalten sein muss. Die erste Darstellung kommt als Teilersumme auch nicht in Frage, weil wenn eine Zahl die Teiler 1 und 4 hat, sie auch die Zahl 2 als Teiler haben muss und somit ihre Teilersumme mindestens 1 + 2 + 4 = 7 5 {\displaystyle 1+2+4=7\not =5} sein muss. Somit bleibt keine Möglichkeit übrig, dass es ein k N {\displaystyle k\in \mathbb {N} } gibt, sodass σ ( k ) = 5 {\displaystyle \sigma ^{*}(k)=5} ist. Die Zahl 5 ist somit eine unberührbare Zahl. {\displaystyle \Box }
  • Die Zahl n = 4 {\displaystyle n=4} ist keine unberührbare Zahl.
Beweis:
Man muss zeigen, dass n = 4 {\displaystyle n=4} die Summe der echten Teiler irgendeiner Zahl k N {\displaystyle k\in \mathbb {N} } ist.
Es ist 4 = 1 + 3 {\displaystyle 4=1+3} . Es gibt eine Zahl, die nur die Zahlen 1 und 3 als echte Teiler hat, nämlich die Zahl k = 9 {\displaystyle k=9} . Somit ist ihre Teilersumme σ ( 9 ) = 1 + 3 = 4 {\displaystyle \sigma ^{*}(9)=1+3=4} , womit die Zahl 4 keine unberührbare Zahl ist. {\displaystyle \Box }
  • Die folgenden Zahlen sind die kleinsten unberührbaren Zahlen:
2, 5, 52, 88, 96, 120, 124, 146, 162, 188, 206, 210, 216, 238, 246, 248, 262, 268, 276, 288, 290, 292, 304, 306, 322, 324, 326, 336, 342, 372, 406, 408, 426, 430, 448, 472, 474, 498, 516, 518, 520, 530, 540, 552, 556, 562, 576, 584, 612, 624, 626, 628, 658, … (Folge A005114 in OEIS)

Eigenschaften

  • Perfekte Zahlen sind niemals unberührbare Zahlen.
    Beweis:
    • Sei n N {\displaystyle n\in \mathbb {N} } eine perfekte Zahl. Perfekte Zahlen haben die Eigenschaft, dass sie gleich ihrer echten Teilersumme sind. Es gilt also σ ( n ) = n {\displaystyle \sigma ^{*}(n)=n} . Somit existiert eine Zahl, deren echte Teilersumme gleich n {\displaystyle n} ist. Somit ist n {\displaystyle n} keine unberührbare Zahl. {\displaystyle \Box }
  • Befreundete Zahlen sind niemals unberührbare Zahlen.
    Beweis:
    • Seien n 1 , n 2 N {\displaystyle n_{1},n_{2}\in \mathbb {N} } zwei befreundete Zahlen. Befreundete Zahlen haben die Eigenschaft, dass die eine Zahl n 1 {\displaystyle n_{1}} gleich der echten Teilersumme der anderen Zahl n 2 {\displaystyle n_{2}} ist und umgekehrt. Es gilt also σ ( n 1 ) = n 2 {\displaystyle \sigma ^{*}(n_{1})=n_{2}} und σ ( n 2 ) = n 1 {\displaystyle \sigma ^{*}(n_{2})=n_{1}} . Somit existiert für jede der beiden Zahlen n 1 {\displaystyle n_{1}} und n 2 {\displaystyle n_{2}} eine echte Teilersumme, die gleich n 1 {\displaystyle n_{1}} bzw. n 2 {\displaystyle n_{2}} ist. Somit sind n 1 {\displaystyle n_{1}} und n 2 {\displaystyle n_{2}} keine unberührbaren Zahlen. {\displaystyle \Box }
  • Gesellige Zahlen sind niemals unberührbare Zahlen.
    Beweis:
    • Seien n 1 , n 2 , n k N {\displaystyle n_{1},n_{2},\ldots n_{k}\in \mathbb {N} } mit k N , k 3 {\displaystyle k\in \mathbb {N} ,k\geq 3} gesellige Zahlen. Gesellige Zahlen haben die Eigenschaft, dass die echte Teilersumme der i {\displaystyle i} -ten Zahl n i {\displaystyle n_{i}} gleich n i + 1 {\displaystyle n_{i+1}} ist (mit i = 1 , 2 , k 1 {\displaystyle i=1,2,\ldots k-1} ). Es gilt also σ ( n i ) = n i + 1 {\displaystyle \sigma ^{*}(n_{i})=n_{i+1}} und σ ( n k ) = n 1 {\displaystyle \sigma ^{*}(n_{k})=n_{1}} . Somit existiert für jede der k {\displaystyle k} Zahlen n 1 , n 2 , n k {\displaystyle n_{1},n_{2},\ldots n_{k}} eine echte Teilersumme, die gleich n 1 , n 2 , n k {\displaystyle n_{1},n_{2},\ldots n_{k}} ist. Somit sind n 1 , n 2 , n k {\displaystyle n_{1},n_{2},\ldots n_{k}} keine unberührbaren Zahlen. {\displaystyle \Box }
  • Sei p P {\displaystyle p\in \mathbb {P} } eine Primzahl und n = p + 1 {\displaystyle n=p+1} eine Zahl, die um 1 größer ist als eine Primzahl. Dann gilt:
    n {\displaystyle n} ist keine unberührbare Zahl.
    Beweis:
    • Weil p P {\displaystyle p\in \mathbb {P} } eine Primzahl ist, hat p 2 {\displaystyle p^{2}} nur die echten Teiler 1 {\displaystyle 1} und p {\displaystyle p} . Somit gilt für die echte Teilersumme σ ( p 2 ) = 1 + p {\displaystyle \sigma ^{*}(p^{2})=1+p} . Also kann n = p + 1 {\displaystyle n=p+1} niemals eine unberührbare Zahl sein, weil es eine Zahl k = p 2 {\displaystyle k=p^{2}} gibt, deren echte Teilersumme gleich n {\displaystyle n} ist. {\displaystyle \Box }
  • Sei p P {\displaystyle p\in \mathbb {P} } eine ungerade Primzahl und n = p + 3 {\displaystyle n=p+3} eine Zahl, die um 3 größer ist als eine Primzahl. Dann gilt:
    n {\displaystyle n} ist keine unberührbare Zahl.
    Beweis:
    • Sei p P {\displaystyle p\in \mathbb {P} } eine ungerade Primzahl. Dann hat 2 p {\displaystyle 2p} nur die echten Teiler 1 , 2 {\displaystyle 1,2} und p {\displaystyle p} . Somit gilt für die echte Teilersumme σ ( 2 p ) = 1 + 2 + p = p + 3 {\displaystyle \sigma ^{*}(2p)=1+2+p=p+3} . Also kann n = p + 3 {\displaystyle n=p+3} niemals eine unberührbare Zahl sein, weil es eine Zahl k = 2 p {\displaystyle k=2p} gibt, deren echte Teilersumme gleich n {\displaystyle n} ist. {\displaystyle \Box }
  • Es gibt unendlich viele unberührbare Zahlen. Ihre asymptotische Dichte beträgt mindestens d > 0 , 06 {\displaystyle d>0{,}06}
    Beweis: von Paul Erdős[2] und von Chen & Zhao[3]

Ungelöste Probleme

  • Es wird vermutet, dass die Zahl n = 5 {\displaystyle n=5} die einzige ungerade unberührbare Zahl ist.
    • Dies würde aus der starken Goldbachschen Vermutung folgen, wenn sie bewiesen wäre:
      Eine Zahl k = p q {\displaystyle k=p\cdot q} (mit Primzahlen p , q P {\displaystyle p,q\in \mathbb {P} } , p q {\displaystyle p\not =q} ) hat nur die echten Teiler 1 , p {\displaystyle 1,p} und q {\displaystyle q} . Somit ist die Summe ihrer echten Teiler σ ( k ) = 1 + p + q {\displaystyle \sigma ^{*}(k)=1+p+q} . Wenn jede gerade Zahl n > 6 {\displaystyle n>6} als Summe zweier verschiedener Primzahlen p + q {\displaystyle p+q} dargestellt werden kann (genau das ist die Aussage der starken Goldbachschen Vermutung), dann ist jede ungerade Zahl 1 + p + q > 7 {\displaystyle 1+p+q>7} keine unberührbare Zahl, weil sie die Teilersumme der Zahl k = p q {\displaystyle k=p\cdot q} (mit den echten Teilern 1 , p {\displaystyle 1,p} und q {\displaystyle q} ) ist. Weiters ist 1 = σ ( 2 ) = 1 {\displaystyle 1=\sigma ^{*}(2)=1} , 3 = σ ( 4 ) = 1 + 2 {\displaystyle 3=\sigma ^{*}(4)=1+2} und 7 = σ ( 8 ) = 1 + 2 + 4 {\displaystyle 7=\sigma ^{*}(8)=1+2+4} . Somit kann nur n = 5 {\displaystyle n=5} eine ungerade unberührbare Zahl sein.[4] {\displaystyle \Box }
  • Es wird vermutet, dass alle unberührbaren Zahlen außer 2 und 5 zusammengesetzte Zahlen sind.
    • Dies würde unmittelbar aus der obigen Behauptung folgen, zumal diese aussagt, dass außer der Zahl 5 nur gerade Zahlen unberührbare Zahlen sein können. Gerade Zahlen, die ungleich 2 sind, sind aber immer zusammengesetzt. {\displaystyle \Box }
  • Eric W. Weisstein: Untouchable Number. In: MathWorld (englisch).

Einzelnachweise

  1. J. Sesiano: Two problems of number theory in Islamic times. In: Archive for History of Exact Sciences. Band 41 (3), 1991, S. 235–238 (springer.com [abgerufen am 24. November 2018]). 
  2. Paul Erdős: Über die Zahlen der Form σ ( n ) n {\displaystyle \sigma (n)-n} und n ϕ ( n ) {\displaystyle n-\phi (n)} . In: Elemente der Math. Band 28, 1973, S. 83–86 (emis.de [abgerufen am 24. November 2018]). 
  3. Yong-Gao Chen, Qing-Qing Zhao: Nonaliquot numbers. In: Publicationes Mathematicae. Band 78 (2), Februar 2011, S. 439–442 (researchgate.net [abgerufen am 24. November 2018]). 
  4. Eric W. Weisstein: Untouchable Number. In: MathWorld (englisch).