Schatten-Klasse

Die Schatten-Klassen, auch Schatten-von-Neumann-Klassen, benannt nach Robert Schatten und John von Neumann, sind spezielle Algebren von Operatoren, die im mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis untersucht werden. Sie haben viele Eigenschaften mit den Folgenräumen p {\displaystyle \ell ^{p}} gemeinsam.

Definition

Ist T : H G {\displaystyle T\colon H\rightarrow G} ein kompakter linearer Operator zwischen unendlichdimensionalen Hilberträumen (im Endlichdimensionalen bricht die Folge ab), so gibt es eine monoton fallende Folge ( s n ) n {\displaystyle \left(s_{n}\right)_{n}} nicht-negativer reeller Zahlen mit s n 0 {\displaystyle s_{n}\rightarrow 0} und orthonormale Folgen ( e n ) n {\displaystyle \left(e_{n}\right)_{n}} in H {\displaystyle H} und ( f n ) n {\displaystyle \left(f_{n}\right)_{n}} in G {\displaystyle G} , sodass

  • T x = n = 1 s n x , e n f n {\displaystyle \textstyle Tx=\sum _{n=1}^{\infty }s_{n}\langle x,e_{n}\rangle f_{n}} für alle x H {\displaystyle x\in H} gilt und
  • die Operatoren n = 1 N s n , e n f n {\displaystyle \textstyle \sum _{n=1}^{N}s_{n}\langle \cdot ,e_{n}\rangle f_{n}} für N {\displaystyle N\to \infty } in der Operatornorm gegen T {\displaystyle T} konvergieren.

Das ist die sogenannte Schmidt-Darstellung. Die Zahlenfolge ( s n ) n {\displaystyle \left(s_{n}\right)_{n}} ist im Gegensatz zu den orthonormalen Folgen eindeutig durch T {\displaystyle T} bestimmt. Man schreibt daher s n ( T ) {\displaystyle s_{n}(T)} für das n {\displaystyle n} -te Folgenglied und nennt diese Zahl auch den n {\displaystyle n} -ten singulären Wert von T {\displaystyle T} . Man kann zeigen, dass die Quadrate dieser Zahlen die monoton fallende Eigenwertfolge des kompakten und positiven Operators T T L ( H ) {\displaystyle T^{*}T\in L(H)} bilden.

Für 1 p < {\displaystyle 1\leq p<\infty } ist die p {\displaystyle p} -te Schatten-Klasse kompakter Operatoren von H {\displaystyle H} nach G {\displaystyle G} durch

S p ( H , G ) := { T : H G T k o m p a k t , ( s n ( T ) ) n p } {\displaystyle {\mathcal {S}}_{p}(H,G)\,:=\,\{T\colon H\rightarrow G\,\mid \,T\,{\rm {kompakt}},\,\left(s_{n}(T)\right)_{n}\in \ell ^{p}\}}

definiert. Dabei ist p {\displaystyle \ell ^{p}} der Folgenraum der zur p {\displaystyle p} -ten Potenz summierbaren Folgen. Für T S p ( H , G ) {\displaystyle T\in {\mathcal {S}}_{p}(H,G)} definiert man die p {\displaystyle p} -Norm des Operators gerade durch diese Norm der Folge:

T p := ( n = 1 s n ( T ) p ) 1 p {\displaystyle \|T\|_{p}:=\left(\sum _{n=1}^{\infty }s_{n}(T)^{p}\right)^{\frac {1}{p}}}

Die p {\displaystyle p} -Norm des Operators ist also genau die p {\displaystyle \ell ^{p}} -Norm der zugehörigen Folge der singulären Werte des Operators.

Für den Fall G = H {\displaystyle G=H} schreibt man abkürzend S p ( H ) := S p ( H , H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{p}(H):={\mathcal {S}}_{p}(H,H)} . Oft nennt man nur diese Räume Schatten-Klassen.

Spezialfälle

Für p = 1 {\displaystyle p=1} entspricht der Raum S 1 ( H , G ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{1}(H,G)} der Menge der Spurklasseoperatoren.

Für p = 2 {\displaystyle p=2} entspricht S 2 ( H , G ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{2}(H,G)} dem Hilbertraum der Hilbert-Schmidt-Operatoren.

Eigenschaften

  • Die Schatten-Klassen haben viele Eigenschaften mit den p {\displaystyle \ell ^{p}} -Räumen gemeinsam. S p ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{p}(H)} ist mit der p {\displaystyle p} -Norm ein Banachraum. Für p q {\displaystyle p\leq q} gilt p q {\displaystyle \|\cdot \|_{p}\geq \|\cdot \|_{q}} und daher S p ( H ) S q ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{p}(H)\subset {\mathcal {S}}_{q}(H)} . Ferner gilt stets T T p {\displaystyle \|T\|\leq \|T\|_{p}} , wobei T {\displaystyle \|T\|} die Operator-Norm von T {\displaystyle T} ist.
  • S p ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{p}(H)} ist mit der Operator-Multiplikation sogar eine Banachalgebra mit isometrischer Involution, wobei die Involution die Adjunktion ist. Sind T S p ( H ) {\displaystyle T\in {\mathcal {S}}_{p}(H)} und A , B L ( H ) {\displaystyle A,B\in L(H)} stetige lineare Operatoren auf H {\displaystyle H} , so ist A T B S p ( H ) {\displaystyle ATB\in {\mathcal {S}}_{p}(H)} und es gilt A T B p A T p B {\displaystyle \|ATB\|_{p}\leq \|A\|\|T\|_{p}\|B\|} . Die Schatten-Klassen sind daher zweiseitige Ideale in L ( H ) {\displaystyle L(H)} .
  • Seien 1 < p , q < {\displaystyle 1<p,q<\infty } mit 1 p + 1 q = 1 {\displaystyle {\tfrac {1}{p}}+{\tfrac {1}{q}}=1} konjugierte Zahlen. Gilt dann T S p ( H ) {\displaystyle T\in {\mathcal {S}}_{p}(H)} und S S q ( H ) {\displaystyle S\in {\mathcal {S}}_{q}(H)} , so ist das Produkt T S {\displaystyle TS} ein Spurklasse-Operator und es gilt Sp ( T S ) T p S q {\displaystyle \operatorname {Sp} (TS)\leq \|T\|_{p}\|S\|_{q}} . Jedes S S q ( H ) {\displaystyle S\in {\mathcal {S}}_{q}(H)} definiert daher durch T Sp ( T S ) {\displaystyle T\mapsto \operatorname {Sp} (TS)} ein stetiges lineares Funktional ψ S {\displaystyle \psi _{S}} auf S p ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{p}(H)} . Man kann zeigen, dass die Abbildung S ψ S {\displaystyle S\mapsto \psi _{S}} ein isometrischer Isomorphismus von S q ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{q}(H)} auf den Dualraum von S p ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{p}(H)} ist, oder kurz S p ( H ) S q ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{p}(H)\,'\cong {\mathcal {S}}_{q}(H)} . Man hat also auch hier ganz ähnliche Verhältnisse wie bei den Folgenräumen. Insbesondere sind die Schatten-Klassen für 1 < p < {\displaystyle 1<p<\infty } reflexiv, sie sind sogar gleichmäßig konvex. Wie bei den Folgenräumen ist dies für S 1 ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{1}(H)} nicht der Fall. Die Verhältnisse für S 1 ( H ) {\displaystyle {\mathcal {S}}_{1}(H)} sind im Artikel Spurklasseoperator näher beschrieben.

Lokale Theorie der Schatten-Klassen

Auch im Rahmen der lokalen Theorie der Banachräume sind zentrale strukturelle Aspekte der endlich-dimensionalen Schatten-Klassen studiert worden; diese Räume sind von Bedeutung etwa im Bereich der Low-Rank matrix recovery, darunter die asymptotischen Volumina ihrer Einheitskugeln[1] sowie Entropiezahlen[2] oder auch s-Zahlen[3][4] für natürliche Einbettungen zwischen diesen Räumen. Darüber hinaus wurde für Einheitskugeln selbstadjungierter Schatten-Klassen für den Fall p > 3 {\displaystyle p>3} die berühmte Variance Conjecture bewiesen.[5]

Quellen

  • R. Schatten: Norm Ideals of Completely Continuous Operators. Ergebnisse der Mathematik und ihrer Grenzgebiete, 2. Folge, ISBN 3-540-04806-5.
  • N. Dunford, J. T. Schwartz: Linear Operators, Part II, Spectral Theory. ISBN 0-471-60847-5.
  • R. Meise, D. Vogt: Einführung in die Funktionalanalysis. Vieweg, 1992 ISBN 3-528-07262-8.

Einzelnachweise

  1. Z. Kabluchko, J. Prochno, C. Thäle: Exact asymptotic volume and volume ratio of Schatten unit balls
  2. A. Hinrichs, J. Prochno, J. Vybíral: Entropy numbers of embeddings of Schatten classes
  3. A. Hinrichs, J. Prochno, J. Vybíral: Gelfand numbers of embeddings of Schatten classes
  4. J. Prochno, M. Strzelecki: Approximation, Gelfand, and Kolmogorov numbers of Schatten class embeddings
  5. B. Dadoun, M. Fradelizi, O. Guédon, P.-A. Zitt: Asymptotics of the Inertia Moments and the Variance Conjecture in Schatten Balls