Robert Ferner

Robert Orestes Ferner (* 15. Mai 1915 in Clear Spring, Iowa; † 8. August 1982) war ein amerikanischer Kryptoanalytiker, der während des Zweiten Weltkriegs wesentlich zur Entzifferung des verschlüsselten geheimen Nachrichtenverkehrs der Achsenmächte beigetragen hat.

Leben

Robert Ferner kam während der Zeit des Ersten Weltkriegs im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten auf die Welt. Sowohl sein Vater, Orestes Asa Ferner, ein Pädagoge, als auch seine Mutter, Marie Pfund Ferner, stammten aus Familien, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts aus der Schweiz eingewandert waren. Robert war der jüngste Sohn der Familie. Er hatte drei Brüder, von denen der älteste bereits als Kind gestorben war. Als Robert noch sehr jung war, zog die Familie auf eine Farm in die Nähe der Stadt Alliance im US‑Bundesstaat Ohio.[1]

Dort besuchte er die High School, die er als Sechzehnjähriger im Jahr 1931 abschloss. Anschließend studierte er Physik am Mount Union College (heute: University of Mount Union) in Alliance und schloss das Studium dort im Jahr 1935 ab. Während dieser Zeit lernte er Erma Pauline Woodward kennen. Sie heirateten im Juni 1937. Das junge Ehepaar verließ Iowa und zog in die Hauptstadt Washington. Seit dem 1. Juli 1936 arbeitete Robert Ferner dort als Junior-Kryptoanalytiker beim Signal Intelligence Service (SIS). Nach Abraham Sinkov, Solomon Kullback und Frank Rowlett, die alle im Jahr 1930 vom amerikanischen Chef-Kryptologen William Friedman angestellt worden waren, war er nach sechs Jahren der Erste, der neu zum SIS hinzukam.

Amerikanischer Purple-Nachbau

In den folgenden Jahren erwarb er sich den Ruf eines Experten für die Kryptanalyse maschineller Chiffren. Zusammen mit Rowlett arbeitete er sehr erfolgreich an japanischen Verschlüsselungs­verfahren, wie der Purple-Maschine (Bild). Die Entzifferung der damit verschlüsselten Nachrichten ermöglichte den Alliierten direkte Einblicke in die taktischen und strategischen Planungen des Japanischen Kaiserreichs und des Dritten Reichs.

Robert Ferner leistete darüber hinaus wesentliche Beiträge auf amerikanischer Seite zum fortgesetzten Bruch der deutschen Enigma-Maschine und trug maßgeblich dazu bei, den vermeintlich „unbrechbaren“ deutschen Diplomatenverkehr zu entziffern (siehe auch: Floradora). Im Jahr 1943 reiste er ins Vereinigte Königreich nach Bletchley Park (B.P.),[2] der Zentrale der britischen Codebreakers, und arbeitete dort mit ihnen zusammen. Nach seiner Rückkehr in die USA übernahm er die Leitung der neuen Forschungs­abteilung der Signal Security Agency (SSA) der United States Army und leitete sie für den Rest des Krieges.

Im Jahr 1948 verließ er den kryptologischen Dienst, vor allem aus gesundheitlichen Gründen, wurde aber 1952 kurzzeitig zurückgerufen, um als Berater zur Lösung eines hochrangigen kryptanalytischen Problems beizutragen. Einer seiner Chefs bezeichnete ihn als „die Person, die uns bei diesem Problem am besten zum Erfolg verhelfen kann“ (im Original: “the one person most apt to help us along to success on this problem.”)[3]

Robert und Erma Ferner hatten eine Tochter, Jean, und einen Sohn, Thomas, der im Alter von nur 8 Jahren starb. Robert Ferner wurde 67 Jahre alt. Er verstarb im Jahr 1982 an einer plötzlichen Herzattacke.

Im Jahr 2022 wurde Robert Orestes Ferner postum in die Hall of Honor („Ehrenhalle“) der National Security Agency (NSA) aufgenommen.

Literatur

  • Chris Christensen: Genevieve Grotjan’s “great discovery”. Cryptologia, 2023, 47:4, S. 302–317, doi:10.1080/01611194.2022.2060052, S. 303.
  • Chris Christensen: The evolving relationship between mathematics and cryptology, 1951–1952 – SCAG and the beginnings of SCAMP and NSASAB. Cryptologia, 2017, 41:4, S. 329–387, doi:10.1080/01611194.2016.1219788, S. 358.
  • Brenda J. McIntire: “Give to Ferner” – The Untold Story of an American Master Cryptanalyst. Center for Cryptologic History, 2023, PDF; 5,5 MB.

Weblinks

  • Foto (um 1944).
  • Robert Orestes Ferner auf der Seite der NSA.
  • Finding Ferner – The Story Behind the Re-discovery of a 2022 Cryptologic Hall of Honor Inductee. 28. März 2023.
  • 2022 Cryptologic Hall of Honor Ceremony Highlight. Video bei YouTube (6′00″) der Zeremonie anläßlich der Aufnahme von Robert Ferner in die Hall of Honor.

Einzelnachweise

  1. Brenda J. McIntire: “Give to Ferner” – The Untold Story of an American Master Cryptanalyst. Center for Cryptologic History, 2023, S. 3.
  2. Gordon Welchman: The Hut Six Story – Breaking the Enigma Codes. Allen Lane, London 1982; Cleobury Mortimer M&M, Baldwin Shropshire 2000, S. 11. ISBN 0-947712-34-8
  3. Robert Orestes Ferner auf der Seite der NSA, abgerufen am 27. März 2024.
Geehrte in der Hall of Honor

1999: William F. Friedman | Elizebeth S. Friedman | Herbert O. Yardley | Laurance Safford | Frank B. Rowlett | Abraham Sinkov | Solomon Kullback | Ralph J. Canine

2000: Louis W. Tordella | Joseph J. Rochefort | Agnes Meyer Driscoll

2001: Howard C. Barlow | Mahlon E. Doyle | Sydney Jaffe | John E. Morrison

2002: Thomas H. Dyer | Norman Wild | Richard A. Leibler | Mitford M. Mathews | Charles C. Tevis | Julia Ward

2003: Lambros D. Callimahos | Lowell K. Frazer | Juanita Moody | Howard E. Rosenblum

2004: Dorothy T. Blum | James R. Chiles | Meredith Gardner | John Tiltman

2005: William Blankinship | Francis Raven | Arthur Salemme | Joseph N. Wenger

2006: Bernard Ardisana | Edward A. Everett | Cecil J. Phillips | James W. Pryde | Thomas E. Tremain

2007: Jacob Gurin | Robert J. Hermann | Samuel S. Snyder | Milton Zaslow

2008: Benson K. Buffman | Chareles L. Gandy | Alfred M. Gray | Oliver R. Kirby | Donald M. Showers

2009: Richard A. Day | Minnie M. Kenny | Doyle E. Larson | Arthur J. Levenson

2010: Joseph Amato | David Boak | Genevieve Grotjan Feinstein | Leo Rosen

2011: William D. Coffee | Joseph Desch | Parker Hitt | Laura Holmes

2012: Ann Caracristi | Robert Drake | Ronald Hunt | Juliana Mickwitz

2013: Vera Ruth Filby | Richard Proto | Washington Wong | Native American Code Talkers

2014: Frank Austin | Walter Deeley | Howard Ehret | Marian Rejewski | Alan Turing

2015: Ralph W. Adams, Jr. | Charles R. Lord | William O. Marks | Robert J. McNelis | Virginia Jenkins Riley

2016: Gerald Hale | Leonard T. Jones

2017: Mary H. Budenbach | Dennis M. Chiari | Frank E. Herrelko | Bobby R. Inman | Floyd L. Weakley

2018: Hilda Faust Mathieu | Michael J. Jacobs | Richard L. Bernard | Seymour R. Cray | Whitney E. Reed | Hilda Faust Mathieu

2019: Edward M. Drake | Harry Kidder | Alva Bryan Lasswell | Kenneth A. Minihan

2020: George R. Cotter | David Kahn | Barbara A. McNamara | Whitfield Diffie | Lester K. Myers

2021: Jack C. Mortick | Joseph E. Gilligan, Jr. | Clifford Cocks, James Ellis und Malcolm Williamson

2022: Eunice Russell Willson Rice | Youn P. Kim | Richard George | Robert Orestes Ferner

2023: Evelyn Akeley | James Lovell | Joseph Mauborgne | James Radford | Harry Rashbaum

Personendaten
NAME Ferner, Robert
ALTERNATIVNAMEN Ferner, Robert Orestes
KURZBESCHREIBUNG US-amerikanischer Kryptoanalytiker
GEBURTSDATUM 15. Mai 1915
GEBURTSORT Clear Spring, Iowa, Vereinigte Staaten
STERBEDATUM 8. August 1982