Arthur Walter

Arthur Walter (* 20. September 1860 in Riga, Gouvernement Livland, Russisches Kaiserreich; † 16. Mai 1919 in Riga, Lettische SPR), mit vollem Namen Arthur Hugo Walter, lettisch Artūrs Hugo Valters, war ein deutsch-baltischer Pastor. Er gilt als evangelisch-lutherischer Bekenner und ist auf dem Rigaer Märtyrerstein verzeichnet.

Die Datumsangaben in diesem Artikel richten sich, wenn nicht anders angegeben, für den Zeitraum bis 1918 nach dem julianischen Kalender.

Leben

Vor dem Lettischen Unabhängigkeitskrieg

Arthur Walter war ein Sohn des Apothekers August Walter. Er besuchte von 1869 bis 1870 die Kuhlssche Schule, von 1871 bis 1875 die Zincksche Schule und von 1876 bis 1879 das Stadtgymnasium in Riga, das er mit dem Abitur abschloss. Er wurde nach seinem von 1879 bis 1884 betriebenen Theologiestudium, dem Erwerb des Kandidatengrades an der Universität Dorpat und seinen Prüfungen vor dem Konsistorium in Riga im Jahre 1884 am 31. März 1885 in Riga von General-Superintendent Heinrich Otto Reinhold Girgensohn ordiniert. Ab dem 14. September 1879 war er Mitglied des Theologischen Vereins Dorpat; 1882 wurde er Archivar, 1883 Bibliothekar des Vereins. Sein Probejahr verbrachte er von 1885 bis 1886 bei Pastor Walter in Kremon in Livland.

Ab 1886 hatte er sein erstes Amt inne, das auch sein letztes werden sollte. So diente er als Pastor des ersten lettischen Teils der sehr großen Rigaer St.-Gertrud-Gemeinde, während Oskar Schabert für den deutschen Teil und der Lette Karl Freudenfeld für den zweiten lettischen Teil zuständig war. Zur Gesamtgemeinde gehörten insgesamt 47.000 Personen, davon 12.000 zum deutschen Teil und 35.000 zum lettischen Teil. Die Mitglieder der Gemeinde lebten über die gesamte Stadt verstreut.

Am 17. September 1886 heiratete Arthur Walter Hedwig Hermine Walter.

Walter hatte sehr gute Lettischkenntnisse. Er engagierte sich so für seine Gemeinde, dass er oft überarbeitet war. Hauptthema seiner Predigten war die Liebe und Gnade Gottes, was auch auf seine eigenen Lebenserfahrungen zurückging. Glaubenszweifel schien er niemals zu haben. Sein Leben war von der Gemeindearbeit bestimmt. Er kümmerte sich trotz der ungeheuren Größe der Gemeinde auch um Kleinigkeiten und konnte so auch ein persönliches Verhältnis zu vielen Einzelpersonen aufbauen.

Wegen der Größe der Gemeinde fanden jeden Sonntag drei Gottesdienste in der einzigen Kirche mit wechselnden Terminen statt. Dies führte zu Verwirrungen und trotz des guten Verhältnisses zwischen den Geistlichen an hohen Feiertagen auch zu Reibereien unter den Gemeindegliedern, da einige Personen bereits für den nächsten Gottesdienst in die Kirche drängten, bevor der vorhergehende beendet war. Deshalb wurde eine weitere Kirche für die lettischen Gemeindeteile errichtet.

Die Grundsteinlegung erfolgte am Donnerstag nach Pfingsten, dem 29. Mai 1903 um 14 Uhr auf dem ehemaligen Marktplatz. Walter legte dabei die Bibel in die Kapsel, sprach ein lettisches Schlussgebet sowie den Segen; er wird auch in der Grundsteinlegungsurkunde erwähnt. Die Kirche Neu-St. Gertrud (Neue Kirche der Heiligen Gertrud, lettisch: Evaņģēliski luteriskā jaunās svētās Ģertrūdes baznīca), an der Walter und Freudenfeld danach dienten, wurde 1906 fertiggestellt.

1911 wurde Arthur Walter gemeinsam mit Xaver Marnitz und anderen Geistlichen mit dem Brustkreuz ausgezeichnet.

Während des Lettischen Unabhängigkeitskrieges

Während des Lettischen Unabhängigkeitskrieges wurden Walter und seine Frau von Bolschewiki inhaftiert. Als sie getrennt wurden, rief er ihr ruhig zu:

„Vergiss es nicht: Größer als der Helfer ist die Not ja nicht.“

Die Haft im Zentralgefängnis setzte ihm sehr zu, worüber er sich aber nie beklagte. Stattdessen spendete er Vielen Trost. Körperlich war er wenig widerstandsfähig. Die Gefängnisverwaltung nahm ihm die Stiefel ab, da sie angeblich für die Armee gebraucht wurden. Stattdessen erhielt er Bastschuhe. Mit dieser Fußbekleidung musste er die Straße enteisen. So stand er mit nassen Füßen in eiskaltem Wasser. Es gab keine Strümpfe zum Wechseln. Er war ständig erkältet, woran er sehr litt. Hinzu kam der Hunger, unter dem alle Gefangenen litten. So infizierte er sich mit dem im Gefängnis grassierenden Fleckfieber. Die Bolschewiki konnten und wollten diese Epidemie nicht bekämpfen. Die „Bourgeoisie“, so ihre Meinung, sollte ruhig sterben.

Die Ehefrau Walters wurde nach kurzer Zeit freigelassen und hörte von der Krankheit ihres Mannes. Wochenlang versuchte sie erfolglos, zu erreichen, zu ihrem Mann vorgelassen zu werden. Der Arzt, der ihn behandelte, berichtete ihr, dass Walter seine Krankheit mit großer Geduld ertrage. Beunruhigt sei er aber von der wirtschaftlichen Not seiner Familie, deren Besitz vollständig konfisziert worden war.

Es kam schließlich doch noch zu einem Treffen zwischen Walter und seiner Frau, das aber nur zehn Minuten dauern durfte. Er war bewusstlos, so stark abgemagert, dass er nicht mehr zu erkennen war, und lag im Sterben. Bei diesem Treffen stand der Wärter mit der Uhr in der Hand neben der Frau und schickte sie heraus, als die Zeit abgelaufen war. Arthur Walter starb nur zwei Stunden später friedlich an seiner Krankheit.

Nachleben

Seine Gemeinde wurde von Arthur Walters Tod aufgerüttelt. Ungeachtet der großen Gefahr durch die Bolschewiki erreichte es die Gemeinde, dass der Pastor in einem angemessenen Sarg kirchlich beigesetzt werden konnte. Trotz der immensen Größe der Kirche war diese vollständig besetzt. So hatte Walters Tod zu einem ersten deutlichen Signal der Rigaer Letten gegen die Bolschewiki geführt.

Nur sechs Tage nach dem Tod Arthur Walters wurde Riga durch die Baltische Landeswehr erobert.

Literatur

  • Von der Universität Dorpat in der Rigaschen Zeitung, Nr. 36, 12. Februar 1885, online unter Walter Arthur|issueType:P
  • Grundsteinlegung der neuen St. Gertrud-Kirche unter Locales in der Düna-Zeitung, Nr. 118, 29. Mai 1903, online unter Walter|issueType:P
  • Die Grundsteinlegung der neuen St. Gertrud-Kirche in den Rigaschen Stadtblättern, Nr. 22, 5. Juni 1903, online unter Walter|issueType:P
  • Alfred Seeberg: Album des Theologischen Vereins zu Dorpat-Jurjew, Theologischer Verein, Dorpat-Jurjew 1905, S. 74, Nr. 169
  • Amtsjubiläum in der Rigaschen Zeitung, Nr. 73, 31. März 1910, online unter Walter|issueType:P
  • Allerhöchstes Reskript in der Rigaschen Zeitung, Nr. 81, 12. Apriljul. / 25. April 1911greg., online unter Walter|issueType:P
  • Oskar Schabert: Baltisches Märtyrerbuch. Furche-Verlag, Berlin 1926, S. 173f. (Digitalisat, der Bericht basiert auf den Aufzeichnungen der Ehefrau Arthur Walters, H. Walter, geborene Walter)
  • Theologischer Verein: Nachtrag zum Album des Theologischen Vereins zu Dorpat, C. Mattiesen, Dorpat 1929, S. 44, Nr. 169
  • 40jähriges Predigerjubiläum Karl Freudenfelds im Ev.-Luth. Kirchenblatt für die deutschen Gemeinden Lettlands, Nr. 41, 7. Oktober 1938, online unter Walter|issueType:P
  • Kirchliche Chronik im Ev.-Luth. Kirchenblatt für die deutschen Gemeinden Lettlands, Nr. 18, 28. April 1939, online unter Hoffmann Theodor|issueType:P
  • Harald Schultze und Andreas Kurschat (Herausgeber): „Ihr Ende schaut an…“ – Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2006, ISBN 978-3-374-02370-7, Teil II, Abschnitt Russisches Reich/Baltikum, S. 561
  • Alexander Burchard: „... alle Deine Wunder“: Der letzte deutsche Propst in Riga erinnert sich, Band 10 der Schriftenreihe der Carl-Schirren-Gesellschaft, Schriftenvertrieb Carl-Schirren-Gesellschaft e. V., Lüneburg 2009, ISBN 978-3-923149-59-9, ("Arthur+Walter"+Pastor&source=bl&ots=bI1WJKaVgC&sig=KvZA4r9v2OnT-FGL__6QfSLNDuE&hl=de&sa=X&ei=ZptjU5rcAsvFPf-igdgF&ved=0CDYQ6AEwBA#v=onepage&q=%22Arthur%20Walter%22%20Pastor&f=false Online)
  • Kārlis Beldavs: Mācītāji, kas nāvē gāja, Luterisma mantojuma fonds, Riga 2010, ISBN 978-9984-753-56-0 (lettisch)
  • Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland. 1914.
  • Nekropole.info (lettisch)
  • Porträtfoto Arthur Walters (ganz oben, ganz rechts)

Baltische Todesopfer kommunistisch motivierter Gewalt und christliche Märtyrer, getötet in den Jahren 1905–1907 und 1918–1920

Im ENK aufgeführt: Ludwig Zimmermann | Walther Paucker | Traugott Hahn | Xaver Marnitz | Marie Schlieps | Karl Schlau | Marion von Klot

Orthodoxe Heilige: Platon Kulbusch | Michael Bleive | Nikolai Stefanowitsch Beschanizki

Weitere Märtyrer von 1905 bis 1907: Jānis Līcis | Karl Schilling | Albert Grühn | Wilhelm Taurit | Julius Busch

1. Welle 1918/19: Heinrich Leonhard Adolphi | Ludwig Johannes Tschischko | Adam Jende

2. Welle 1918/19, Estländer: Carl Immanuel Philipp Hesse | Moritz Wilhelm Paul Schwartz

2. Welle 1918/19, Kurländer: Hans Bielenstein | Alexander Bernewitz | Karl Moltrecht | Arnold von Rutkowski | Christoph Strautmann | Paul Wachtsmuth

2. Welle 1918/19, Livländer: Wilhelm Grüner | Heinrich Bosse | Eugen Berg | Theodor Scheinpflug | Paul Fromhold-Treu | Edgar Haßmann | Richard Alexander Georg Wühner

22. Mai 1919: Hermann Bergengruen | Erhard Doebler | August Eckhardt | Theodor Hoffmann | Eberhard Savary | Eugen Scheuermann | Theodor Taube | Ernst Fromhold-Treu

Nach dem Sturm: Konstantin Uhder | Wilhelm Gilbert

Bekenner: Arthur Walter | Wilhelm Kaspar | Eduard Paul Benedict Frese | Gustav Cleemann | Peter Rosenberg | Oskar Bidder | Alfred Geist | Erwin Gross

Normdaten (Person): Wikipedia-Personensuche | Kein GND-Personendatensatz. Letzte Überprüfung: 15. November 2023.
Personendaten
NAME Walter, Arthur
ALTERNATIVNAMEN Walter, Arthur Hugo; Walter, Artur Hugo; Valters, Artūrs Hugo
KURZBESCHREIBUNG evangelisch-lutherischer Geistlicher, deutsch-baltischer Bekenner
GEBURTSDATUM 20. September 1860
GEBURTSORT Riga, Gouvernement Livland, Russisches Kaiserreich
STERBEDATUM 16. Mai 1919
STERBEORT Riga, Lettische SPR